Recherchen

Frühe Solowerke

Die wenigen frühen Werke von Lickl, Czerny, Neukomm und Wesley, die eigentlich für die Wiener Physharmonika oder das Seraphin komponiert sind, können auch sehr gut auf einem 'klassischem Vierspiel' wiedergegeben werden. 

Auch halte ich es für legitim, manualiter Orgelwerke dieser Epoche expressiv auf einem klassischen Vierspiel zu probieren. 

Zur Fingertechnik ist zu beachten, daß schon in der Schule von Lickl (1833) ein absolutes Legato gefordert wird. Die Schule enthält ausführliche Übungen zum stummen Fingerwechsel und zum Daumenglissando:

Da jedes Harmonium eine andere Qualität der Tonansprache hat, muß sich der Spieler mit dem Instrument vertraut machen und, wenn nötig, ein übertriebenes Legato anwenden, damit der Zuhörer ein Legato geniessen kann.  
Die Pedaltechnik sollte über einen längeren Zeitraum eingeübt werden. Bis das Expressionsspiel ebenso intuitiv erfolgt wie die Pedalbenutzung an der Orgel, wird die gleiche Zeit vergehen. 

Französische Romantik 

Die französischen Komponisten haben ein reichhaltiges Oevre für das Harmonium hinterlassen, angefangen bei den Werken von Lefébure-Wély über César Franck bis zu Alexandre Guilmant.  
Von diesen drei Komponisten sind zu erst die Werke für den sakralen Gebrauch zu nennen. "L'office catholique" von Lefébure-Wély, "L'Organiste" von César Franck und "L' Organiste practique" von Guilmant, außerdem sind die "Heures mystiques" von Boëllmann noch erwähnenswert.  
Daneben gibt es eine große Zahl an weiteren Werken. Ein großer Teil dieser Literatur ist auf einem klassischen Vierspiel spielbar. In César Francs "L'Organiste" wird nur einmal ein Vierspiel-Harmonium benötigt. Die Salonmusik von Guilmant hingegen ist für ein Mustel-Kunstharmonium geschrieben. Lefébure-Wély hat einiges für das Debain-Harmonichorde (Harmonium mit Klavierergänzung) komponiert. 
Meist geht aus den Noten und den Registersigeln hervor, welches Instrument am geeignetsten ist. In einigen neueren Editionen wurden leider die Registerangaben eliminiert, so daß grobe Fehler im Notentext entstanden sind (Heures Mystiques von Leon Boëllmann, Harmonia-Uitgave, Hilversum). Der Interessierte sollte sich daher möglichst die Original-Editionen beschaffen. 
Für die zur Zeit so beliebte 'Messe Solonelle' von Rossini wird natürlich auch das 'klassische Vierspiel' benötigt. Bei der Uraufführung in Rossinis Villa wurde allerdings ein Debain-Harmonichorde verwendet. Leider ist zur Zeit nur ein spielfähigs Harmonichorde bekannt, jedoch zum Glück im Besitz eines Harmoniumvirtuosen.

Deutsche Literatur 

Sigfrid Karg-Elert hat in sämtlichen Werken eindeutige Angaben zum Instrument und zur Registrierung gemacht.  
Der Komponist und Herausgeber vieler Bearbeitungen, August Reinhardt, hat ausschließlich an das 'klassische Vierspiel' gedacht, jedoch enthalten seine Noten keine Registrieranweisungen. Spätere Ausgaben wurden von Karg-Elert um Registerangaben ergänzt. 
Die Werke von Karl Kämpf und Arthur Bird wurden von 'Koeppens Normalharmonium Bibliothek' herausgegeben und sind durchgehend mit Registrierangaben versehen, und dies natürlich für das Saugwind-Normalharmonium

Welches Harmonium nun für mein Projekt? 

Häufig ist bei verschieden Stücken und Ensemblemusik keine Angabe zu finden. In solchen Fällen läßt sich durch Indizien im Notentext oder durch Sekundärliteratur häufig eine Antwort finden.  Indizien sind z.B. der verwendete Tonumfang, oder der intensive Gebrauch von dynamischen Angaben. Auch Ausführungsangaben wie 'quasi Oboe' lassen Schlüsse auf Registeranweisungen zu. 

 

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Autor: Ulrich Averesch 

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