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Das Kunstharmonium

Victor Mustel erfand 1853 die geteilte Expression. Über Kniehebel läßt sich die Expression nun auf den Baß oder den Diskant getrennt anwenden. Ist zum Beispiel der linke Kniehebel nach außen gedrückt, wirkt die Expression nur auf die Baßseite, die Diskantseite ist mit einer Generalsourdine belegt. 
Ausgangspunkt des Kunstharmoniums war das klassische Vierspiel. Es wurde im Baß um einen schwebenden 2' und im Diskant um einen nasalen 16', einen schwebenden 16', einen nasalen 32' und einen scharfen schwebenden 8' ergänzt. Die Hilfsregister sind Forte-Expressif, (eine automatische pneumatische Forteklappe), das Forte-Fixe, die Percussion, das Métaphone (eine Klangverdunklung der hinteren Spiele) und ein automatisches 'Hackenprolongement', wirksam von C - H. Das Grand Jeu wird mit den Hacken betätigt, ebenso die Aufhebung des Prologements. 

Die Disposition lautet: 

(F)   Forte-Fixe 
(M)  Métaphone 
(0)   Forte-Expressif 
(5)   Harpe éolienne 2 Pds 
(4)   Basson 8 Pds 
(3)   Clairon 4 Pds 
(2)   Bourdon 16 Pds 
(1)   Cor Anglais 8 Pds 
(1P) Percussion et Cor Anglais 8 Pds 
(E)   Expression 
(GJ) Grand Jeu 
(1P) Percussion et Flûte 8 Pds 
(1)   Flûte 8 Pds 
(2)   Clarinette 16 Pds 
(3)   Fifre 4 Pds 
(4)   Hautbois 8 Pds 
(5)   Musette 16 Pds 
(6)   Voix céleste 16 Pds 
(7)   Baryton 32 Pds 
(8)   Harpe éolienne 8 Pds 
(0)   Forte-Expressif 
(M)   Métaphone 
(F)   Forte-Fixe 
(Pr)  Prolongement 

Einige französische Komponisten und der deutsche Komponist Karg-Elert haben dieses Instrument in Ihrer Arbeit berücksichtigt. Karg-Elert geht von einem orchestralem Denken aus. In seinen Kompositionen benutzte er alle Möglichkeiten des Instrumentes. Er selbst sagt, daß Baß- und Diskantseite zwei eigenständige Harmoniums sind. In seiner 'Kunst des Registrierens' beschreibt er akribisch alle Möglichkeiten. 
Die Originalkompositionen für Kunstharmonium haben meist quadratische Registersigel. Häufig ist das Notenbild mit '8va'-Bezeichnungen bei 16'-Registrierung versehen. Dadurch ist es für den Spieler einerseits gut leserlich, und gleichzeitig wird auf die erklingende Tonhöhe verwiesen.

Karg-Elert selbst besaß eine Mustel-Kopie des Instrumentenbauers Johannes Titz aus Löwenberg (Schlesien). Durch Karg-Elerts Arbeit inspiriert, baute auch die Firma Lindholm von 1900 bis 1911 ca. 30 Mustel-Kopien unter dem Namen 'Imperial'.  
Titz wie Lindholm verwendeten, ebenso wie ihr Vorbild Mustel, Zungen des Herstellers 'Esteve, Paris'. Auch die Firmen Schiedmayer und Hinkel bauten einige Kunstharmoniums, Schiedmayer unter dem Produktnamen 'Dominator'. Hinkel baute auch 'Spar-Kunstharmoniums' nach den Vorschlägen von Karg-Elerts 'Reform des modernen Druckluftharmoniums'.