Arbeitskreis

2. Treffen der Harmoniumfreunde in Borna: Gründung des "Arbeitskreises Harmonium" in der Gesellschaft der Orgelfreunde

Langfassung eines Berichtes aus Das Musikinstrument,
Jahrgang 48 (1998), Heft 12, S. 26/27. Frankfurt am Main: Bochinsky, 1998.
 

Ein Bericht von Stefan Gruschka

Mit einem Zusammenschluß von Interessierten und Fachleuten zum Arbeitskreis Harmonium innerhalb der Gesellschaft der Orgelfreunde sollen das Harmonium und seine Musik aus dem Dasein als oft belächelte Kuriosität befreit werden. 
Der Arbeitskreis wurde auf dem 2. Treffen der Harmoniumfreunde in Borna im Mai 1998 gegründet und will als Sektion der Gesellschaft der Orgelfreunde auch Organisten, Orgelbauer, Orgelsachverständige und an der Orgel interessierte ansprechen, nicht zuletzt deswegen, da das Harmonium häufig oder meistens von Organisten gespielt wird. 


Einleitung

Vielfach werden das Harmonium und seine Musik als Kuriosität von eher zweifelhaftem Wert belächelt, was sich nicht zuletzt in einigen abfälligen und ausnahmslos auf den liturgischen oder religiösen Einsatzbereich zielende Beinamen wie beispielsweise "Psalmenquetsche", "Choralpumpe" oder "Hallelujavergaser" äußert. Nicht selten gilt das Harmonium als minderwertiges, für ein künstlerisch anspruchsvolles Musizieren völlig ungeeignetes Orgelsurrogat. Neuere Forschungen entlarven jedoch die Perspektive solcher Vorurteile als Verkennung der tatsächlichen Möglichkeiten des Harmoniums. Klarheit in das Dickicht der Vorurteile zu bringen, ist jedoch nur eines der Ziele des im Mai auf dem 2. Treffen der Harmoniumfreunde in Borna gegründeten Arbeitskreises in der Gesellschaft der Orgelfreude (GdO)

Nachdem beim ersten Treffen der Harmoniumfreunde in Borna(1) bei Leipzig im Jahre 1996 erste Überlegungen getroffen wurden, sich der Gesellschaft der Orgelfreunde als Arbeitskreis anzugliedern, wurde nun beim 2. Treffen der Harmoniumfreunde im Mai 1998 beschlossen, diese Idee in die Tat umzusetzen. Das erste Treffen vor 2 Jahren brachte erstmals Harmoniumfachleute und -Interessierte aus Deutschland und den angrenzenden Ländern zusammen, und neben dem fachlichen Austausch wurde im Bestreben, das Harmonium der Vergessenheit zu entreißen, seinen Fortbestand zu sichern sowie die Kommunikation und die Kontakte zwischen Harmonium-Interessierten zu intensivieren, nach Wegen gesucht, sich zu organisieren. Die Idee, möglichst viele Harmoniuminteressierte zusammenzubringen, wurde bei Joachim Weischet, Inhaber der Firma Lindholm, dem Musikwissenschaftler Prof. Dr. Christian Ahrens und dem Harmoniumsammler und -restaurateur Ulrich Averesch im Zuge eines Buchprojektes zum Thema "Das Harmonium in Deutschland"(2) geboren und fand ihre erste Umsetzung im ersten Treffen der Harmoniumfreunde in Borna.  Beim 1. Treffen wurden bereits Überlegungen gefaßt, sich vielleicht als Arbeitskreis der GdO anzugliedern. Zu Beginn des 2. Treffen der Harmoniumfreunde vom 8. bis 10. Mai 1998 lag nun auch das konkrete Angebot der GdO zur Angliederung eines "Arbeitskreis Harmonium" vor.  Die Initiative zur Selbstorganisation war in einen Rahmen eingebettet, in dem nicht nur der fachliche Austausch im Vordergrund stand. Insgesamt etwa 50 Harmoniuminteressierte und -fachleute aus Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Österreich, der Schweiz, Kroatien und sogar den USA nahmen an dem Treffen teil. Dieses fand, wie bereits zwei Jahre zuvor, wieder in den Räumen der Firma Lindholm statt.  Das 2. Treffen der Harmoniumfreunde wurde auch in den Medien aufmerksam verfolgt: Der Mitteldeutsche Rundfunk schickte ein Kamerateam und einen Radioreporter. Resultate waren ein Kurzbericht in der Fernsehsendung "Sachsenspiegel" und ein Feature im Radio. Außerdem berichtete der Bornaer Stadtanzeiger in der Ausgabe vom 11. Mai 1998 über das Treffen. 

Begrüßung durch den Gastgeber

Gastgeber des 2. Treffens der Harmoniumfreunde war, wie bereits beim ersten Treffen, Joachim Weischet, Inhaber der Firma Lindholm, die noch bis 1990 Harmoniums produzierte, heute Cembali und Spinette herstellt und Harmoniums restauriert. Sein Großvater Gustav Weischet übernahm 1911 die Harmoniumbaufirma Lindholm und erwarb 1930 die Harmoniumfirma M. Hofberg. Joachim Weischet trat Mitte der 1950er Jahre in die Geschäftsführung der Firma Lindholm ein. 1961 wurde auch die bekannte Harmoniumfirma Mannborg von Joachim Weischet aufgekauft, die Harmoniums aus diesem Betrieb wurden jedoch bis zum Ende der 1960er Jahre weiter unter dem Namen Mannborg vertrieben. Damit lagen drei große und bekannte Harmoniumbaufirmen in der Hand einer Geschäftsleitung. Joachim Weischets Betrieb wurde 1973 zwangsverstaatlicht und führte bis zur Rückübernahme durch Joachim Weischet den Namen "VEB Cembalobau Borna". Heute trägt die Firma wieder den Namen "O. Lindholm". Bis zur Einstellung der Harmoniumfertigung im Jahre 1990 wurden etwa 65 000 Harmoniums produziert. Heute ist die Firma Lindholm auf die Fertigung historischer Tasteninstrumente, insbesondere von Cembali, Spinetten und Clavichorden, sowie auf die Restaurierung von Harmoniums spezialisiert. 

Aspekte und Aktuelles zum Harmonium heute

Nach der Begrüßung durch den Inhaber und Gastgeber Joachim Weischet sowie der Verlesung weiterer Grußworte referierte Ulrich Averesch, der auch an der Organisation dieses Treffens maßgeblich beteiligt war, über die verschiedenen Harmoniumtypen und stellte zusammen mit Johannes Michel die verschiedenen Klangfarben spieltechnischen Möglichkeiten an einem "Lindholm Imperial" Kunstharmonium vor. Das hier vorhandene Instrument hatte eine besondere Geschichte, da es Olof Lindholms persönliches Exemplar war. Da sich eben dieses Instrument eine geraume Zeit lang nicht im Besitz des Hauses Lindholm befand, schätzte sich Joachim Weischet umso glücklicher, das Instrument zum 2. Treffen der Harmoniumfreunde wieder in seinem Hause haben zu können. Von der "Imperial"-Serie als aufwendig ausgestattetes Konzertharmonium, als sog. "Kunstharmonium", wurden im Vergleich zu den gängigen Harmoniumtypen nur wenige Exemplare gebaut.
Die Erklärung und Vorführung des Instrumentes durch Ulrich Averesch und Johannes Michel war so gestaltet, daß sie auch für wenig oder gar nicht mit dem Harmonium vertraute Teilnehmer verständlich war.

"Crescendo und Decrescendo zum Verwehen": Von Harmoniumregistern in Orgeln

Im nächsten Vortrag berichtete Prof. Dr. Christian Ahrens über seine Forschungen zu Harmoniumregistern in Orgeln(3). Somit befaßte sich der Vortrag in erster Linie mit der Verbindung zwischen Orgel- und Harmoniumbau. Dabei wurde insbesondere deutlich, daß Harmoniumregister in Orgeln des 19. Jahrhunderts nichts ungewöhnliches waren und in erster Linie aus spezifisch musikalischen Erwägungen nicht nur in kleine Orgeln eingebaut wurden. Wider Erwarten habe sich auch keine Kostenersparnis durch Verwendung von quasi standardisierten Teilen aus dem Harmoniumbau ergeben, da die Herstellung, Pflege und Intonation der Harmoniumregister im speziellen wie auch die der durchschlagenden Zungen im Allgemeinen im Vergleich zu denen der übrigen Register weitaus aufwendiger und teurer gewesen seien und heute auch noch sind. Der Aufwand für die Harmoniumregister sei jedoch nicht gescheut worden, da man versuchte, dem Orgelklang eine ähnliche dynamische Expressivität wie dem des Orchesters zu geben, und dazu waren eben die Harmoniumregister in Verbindung mit einer Schwellvorrichtung besonders geeignet und wurden dementsprechend häufig in Orgeln eingebaut. Außerdem habe der "schnarrende" Klang der aufschlagenden Zungenregister häufig nicht mehr gefallen, so daß anstelle der aufschlagenden vermehrt durchschlagende und Harmoniumregister gebaut worden seien. Zudem diskutierte Prof. Ahrens die Probleme der Verstimmung von Orgeln mit Harmoniumregistern und die Bauweisen der einzelnen Schwellvorrichtungen anhand von Beispielen verschiedener, heute noch vorhandener Orgeln(4)

"The American Reed-Organ"

Als besonderer Gast referierte Robert F. Gellerman über die Geschichte des Harmoniumbaus in Amerika und die Einflüsse und Verbindungen nach Europa. Robert F. Gellerman ist Historiker und Archivar der (amerikanischen) Reed Organ Society und gilt als international rennommierter Harmoniumforscher.  Zu den Standardwerken der Harmoniumfachliteratur zählen seine Bücher "The American Reed-Organ" und "Gellerman's International Reed Organ Atlas"(5)

Gellerman begann seinen Vortrag bei dem vermutlich ersten, in Amerika gefertigten Harmonium, das von dem Orgelbauer Ebenizer Goodrich wahrscheinlich etwa um 1809 hergestellt wurde. Von diesem historischen Zeitpunkt aus bildeten wichtige Persönlichkeiten auf dem Gebiet des amerikanischen Harmoniumbaus die Aufhängungspunkte für einen "roten Faden" der amerikanischen Harmoniumgeschichte. Dabei lies Gellerman auch europäische Einflüsse nicht außer acht. Hier war es dann auch sehr verblüffend, zu hören, daß James Bazin, der verschiedene Zungeninstrumente, darunter eine Mundharmonika, entwickelt hatte, dieses Instrument erst dann, und auch noch zu dreifachem Preis, verkaufen konnte, als die Erfindung der Mundharmonika aus Deutschland bekannt wurde. An diesem Beispiel machte Gellerman deutlich, daß nicht nur die Qualität von Musikinstrumenten an dem gemessen wurde, was in dieser Hinsicht aus Europa kam. Außerdem wurde deutlich, daß sich viele Erfindungen und Ideen zu Musikinstrumenten, nicht nur auf dem Gebiet des Harmoniumbaues, nicht zuletzt durch Kopieren verbreiteten. Wer in diesem Konkurrenzkampf es nicht schaffte, seine Ideen und Erfindungen rechtzeitig patentieren oder schützen zu lassen, ging oft leer aus, wie das von Gellerman gebrachte Beispiel des Harmoniumbauers James Cahart, der als Erfinder der Saugwindbälge gilt, zeigte. 
Auch in Amerika begann in der Mitte des 19. Jahrhunderts bei den Harmoniums die Wende vom Druckwind- zum Saugwindsystem. Im gleichen Zuge, parallel zur weiteren logistischen Erschließung des Landes, sei die Industrialisierung auch im Harmoniumbau immer weiter fortgeschritten, und in damit bestand nun auch die Möglichkeit, Harmoniums nach Katalog über den Weg des Versandhandels zu bestellen. In den 1890er Jahren habe das Harmoniumgeschäft in Amerika dann seinen Höhepunkt erreicht und sei dann unter der zunehmenden Konkurrenz von Selbstspielklavier, Schallplatte und dann auch dem Radio sowie der elektronischen Orgel immer weiter zurückgegangen, bis in den späten 50er Jahren die Produktion endgültig versiegte. So sei das Harmonium in Amerika "von seinen Anfängen als importierte Kuriosität zu einer Hauptindustrie und dann zur Geschichte geworden". 

Im Anschluß an seinen Vortrag verlieh Robert F. Gellerman Joachim Weischet die Ehrentafel der Reed Organ Society für seine Verdienste und sein Lebenswerk um das Harmonium. 

"Eine Sonnensekunde", der "fliegende Holländer" und Jagdszenen: Sigfrid Karg-Elert und Richard Wagner auf dem Harmonium

Am Abend erklang, unter Anwesenheit weiterer Gäste aus Borna, Harmoniummusik von Sigfrid Karg-Elert, interpretiert von Johannes Michel (Eberbach) auf dem Lindholm Imperial Kunstharmonium
Das sogenannte "Kunstharmonium" ist ein Konzertinstrument und zeichnet sich neben seiner besonderen Ausstattung mit vielen Registern und besonderen Spielhilfen durch seine zwischen Baß und Diskant unabhängig voneinander regelbare Windversorgung aus. Für die in diesem Konzert gespielten Stücke sind die Möglichkeiten des Kunstharmoniums von Karg-Elert in den Registrierangaben notiert und damit eine geradezu zwingende Notwendigkeit. Dementsprechend wurden sie auch vom Interpreten in virtuoser Weise eingesetzt. Es erklangen die Sonatine Nr.1 G-Dur Op. 14, "Fünf Miniaturen" Op.9, "Eine Sonnensekunde" und "Seidenschuhe mit Solen von Gold" aus den "Impressionen" Op. 102. Besondere Highlights oder vielmehr "High-Sounds" des Konzertes waren die Bearbeitungen Karg-Elerts von Richard Wagners Vorspiel aus "Tristan und Isolde", der Ballade Sentas aus dem "fliegenden Holländer" sowie die "Jagdnovellette", die Olof Lindholm gewidmet ist. Olof Lindholm war ein passionierter Jäger und mit Karg-Elert befreundet, was sicherlich den Anlaß für diese Komposition gab, die speziell auf die Möglichkeiten des Lindholm Imperial Kunstharmonium zugeschrieben ist. Die Harmoniumstücke Karg-Elerts demonstrierten, nicht zuletzt auch durch den Interpreten, sehr eindrucksvoll die klanglichen Möglichkeiten des Harmoniums, und sinnigerweise erklangen sie auf eben dem Instrument, daß Olof Lindholm selbst besessen hat. 

Die Anfänge des Harmoniumbaus in Borna

Annemarie Engelmann vom Stadtarchiv Borna behandelte in ihrem Vortrag die Entstehung des Harmoniumbaus in Borna und stellte dabei auch Querverbindungen zum lokalen Orgelbau und anderen Industrie und Handwerkszweigen her. Die besondere Infrastruktur in Borna habe die Ansiedlung von Handwerksbetrieben, darunter auch verschiedene Musikinstrumentenbauer, begünstigt. Wahrscheinlich sei für diese Branche nicht nur das hohe Holzaufkommen guter Qualität in der Umgebung, sondern auch die Anwesenheit potentieller Zulieferbetriebe wie Dampfschneidemühlen sowie die Anwesenheit guter Handwerker verantwortlich. Eine besondere Rolle habe hier sicherlich die Orgelbauerfamilie Kreutzbach gespielt, der viele Handwerker, darunter auch der spätere Harmoniumfabrikant Mannborg, durch die Errichtung seines Betriebes angezogen habe. Urban Kreutzbach sei widerum als Angestellter des Pegauer Orgelbauers Hecker nach Borna gekommen. Viele der in Bornaer Betrieben arbeitenden Handwerker gründeten später ihre eigenen Betriebe. 

Bau und Behandlung des Saugwindharmoniums

Joachim Weischet wandte sich der technischen Seite des Harmoniums zu und behandelte die Mensuren und das Stimmen der Harmoniumzungen und die konstruktiven Unterschiede zwischen Druckwind- und Saugwindzungen. Auch die Frage der Stimmtonhöhe, die heutzutage im Zusammenspiel des Harmoniums mit anderen Instrumenten wichtig ist, fand Beachtung, zumal Harmoniums heute nur noch als "historische" Instrumente zu haben sind. Allgemein stellte Weischet fest, daß sich der Harmoniumbau nur zögernd an die auf verschiedenen Konferenzen beschlossenen Stimmtonhöhen anpaßte, zumal nach Harmoniums mit normgerechter Stimmtonhöhe lange Zeit nicht verlangt worden sei. Weischet gestand ein, daß Harmoniums auf die Stimmtonhöhe der heutigen Orchestermusik oft kaum umzustimmen seien, so daß manchmal keine andere Möglichkeit als das Auswechseln der Zungen bleibe. Im nächsten Teil seines Vortrags gab er praktische Tips zu Fehlersuche, Wartung und Reparatur des Saugwindharmoniums bei Dysfunktionalitäten wie Heulern, Pfeifern und Windverlust sowie bei Fehlfunktionen der Spielhilfen. 

Im Anschluß an den Vortrag konnten die Instrumente der Harmoniumsammlung Weischet in Augen- und Ohrenschein genommen werden. Hier waren nicht nur komplette Instrumente, sondern auch einzelne Teile wie Stimmstöcke und Zungen sowie Spezialwerkzeuge und das Zungenlager zu sehen. 

Ausklang mit Präludium, Doppelfuge "B.A.C.H." und Toccata oder: 'Guilmant meets Karg-Elert'

Als musikalischen Ausklang der Tagung spielte Mark Richli (Zürich) "Prélude, Adagio et Fugue" Op. 55 von Alexandre Guilmant und Karg-Elerts "Zweite Sonate" in B-moll Op. 46. Dieses Werk enthält auch die "Enharmonische Fantasie und Doppelfuge (B.A.C.H)" und zählt zu den schwierigsten Werken der Harmoniumliteratur. Auch die Stücke dieses Programms, insbesondere die Karg-Elerts sind auf die speziellen Möglichkeiten des Kunstharmoniums hin komponiert und wurden dementsprechend von Mark Richli auf dem Lindholm Imperial interpretiert. Auch Mark Richli lieferte dabei eine eindrucksvolle und virtuose Demonstration der spieltechnischen und klanglichen Möglichkeiten des Instruments, die der von Johannes Michel in nichts nachstand. 

Gründung des Arbeitskreises Harmonium einstimmig beschlossen

Zum Ende der Tagung wurde diskutiert, wie die Aktivitäten zum Harmonium am besten weiter zu führen, zu erweitern und zu institutionalisieren sind. Nach Erwägung verschiedener Argumente wurde in einer Abstimmung mit einstimmiger Mehrheit beschlossen, das inzwischen vorliegende Angebot der Gesellschaft der Orgelfreunde (GdO), sich ihr als Arbeitskreis anzugliedern, anzunehmen. Die Diskussion zeigte, daß diese Alternative dem neuen Arbeitskreis ein breites Forum schaffen und potentielle Interessenten, insbesondere Organisten, Orgelbauer und andere Orgelfachleute ansprechen könnte. Dies würde eine leicht mögliche Zusammenarbeit zwischen den Interessierten der verschiedenen Fachgebiete ermöglichen, die, wie die Inhalte von einigen der genannten Vorträge zeigen, nicht nur sinnvoll, sondern in verschiedenen Fällen sogar notwendig ist. Denn eine nicht unerhebliche Anzahl zwischen etwa 1850 und 1960 entstandener Kompositionen einschließlich vereinzelter, in der heutigen Zeit komponierter Werke bezieht den Klang des Harmoniums ein. Nicht selten wird hier das Harmonium von Organisten oder Pianisten gespielt, die oft in Ermangelung entsprechender Informationen mit dem Instrument und seinen Eigenschaften nicht besonders vertraut sind. Eine (historisch) korrekte, den Vorstellungen der Komponisten entsprechende Wiedergabe erfordert jedoch immer auch einen sachkundigen Einsatz des Instruments, so daß hier ein Informationsbedarf gegeben ist. Aus der Existenz von Kombinationsinstrumenten wie dem Harmoniumklavier, seinem französischen Pendant, dem Harmonicorde, und Orgeln mit Harmoniumregistern ergibt sich zudem ein weiteres Argument für einen fachübergreifenden Austausch. 

Die Zusammenarbeit soll nicht auf den deutschen Sprachraum beschränkt bleiben, angestrebt wird vielmehr auch ein Austasch mit ausländischen Organisationen, insbesondere der HVN (Harmonium Vereniging Nederland) und der (amerikanischen) Reed Organ Society
Weiterhin soll die Öffentlichkeit für das Instrument Harmonium sensibilisiert werden. Hierzu gehört auch die Verbreitung von Informationen über das Instrument sowie die Entkräftung von Vorurteilen. Ein weiteres wesentliches Anliegen wäre die Sicherung des Fortbestandes des inzwischen nicht mehr produzierten Instrumentes Harmonium, insbesondere die Rettung bedrohter Instrumente. Außerdem soll der Austausch von nichtkommerziellen harmoniumbezogenen Dienstleistungen gefördert werden, etwa durch Tauschbörsen für Noten, Fachliteratur, Harmoniumteile und komplette Instrumente. 

Inzwischen sind die Vorarbeiten zur ersten Publikation des Arbeitskreises im Gange: Sämtliche, auf dem diesem Treffen in Borna gehaltenen Vorträge sollen zusammen mit einer auch für Harmoniumneulinge verständlichen Einführung zu den unterschiedlichen Instrumententypen veröffentlicht werden. Eine der inzwischen erarbeiteten Homepages mit Informationen über den Arbeitskreis, über die verschiedenen Harmoniumtypen sowie über das 2. Treffen der Harmoniumfreunde lesen Sie gerade hier. 
Weiterhin ist geplant, in regelmäßigen Abständen Tagungen abzuhalten und auch, wie der Arbeitskreis Hausorgel, auf den großen Tagungen der GdO mit einem eigenen Programm präsent zu sein, das für alle Interessierten offen sein soll. Außerdem ist daran gedacht, Tagungen auch zusammen mit anderen Organisationen, wie zum Beispiel der HVN (Harmonium Vereniging Nederland), durchzuführen. 

Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, dem 1998 neu gegründeten Arbeitskreis beizutreten. Für Informationen und Fragen stehen die folgenden Ansprechpartner zur Verfügung: 

a) Dr. Markus Funck (Arbeitskreis-Leiter)
e-Mail: markus.funck(at)gdo.de

b) Prof. Dr. Christian Ahrens 
e-Mail: Christian.Ahrens(at)ruhr-uni-bochum.de 

c)Ulrich Averesch 
e-Mail: harmonium(at)t-online.de 

d) Stefan Gruschka  M.A.    
e-Mail: Stefan.Gruschka(at)gmx.de 

Außerdem sind weitere Informationen über die Hauptseite der Gesellschaft der Orgelfreunde (Adresse: www.gdo.de) beziehungsweise über weitere Seiten des Arbeitskreises Harmonium zugänglich.

Anmerkungen und Literaturverzeichnis

[1] Bericht zum "1. Treffen der Harmoniumfreunde" in Borna 1996 siehe: Stefan GRUSCHKA: "Das Harmonium der Vergessenheit entreißen" - Treffen der Harmoniumfreunde in Borna am 18. und 19. Mai 1996.
In: Das Musikinstrument 45 (1996), H. 10, S. 60 - 62. Frankfurt am Main: Bochinsky, 1996.

[2] Christian AHRENS (Hrsg.): Das Harmonium in Deutschland. Bau, wirtschaftliche Bedeutung und musikalische Nutzung eines "historischen" Musikinstrumentes. (Fachbuchreihe das Musikinstrument; Bd. 60). Frankfurt am Main: Bochinsky, 1996.

[3] vgl. auch: Christian AHRENS: "...mit Crescendo und Decrescendo zum Verwehen..." - Physharmonika-Register in Orgeln des 19. und 20. Jahrhunderts.
In: Ars Organi 46 (1998), H. 3, S. 143 - 148. 

[4] Zu Harmoniumregistern in Orgeln vgl. hier auch: Christian AHRENS: Die von Weigle und J. & P. Schiedmayer erbaute Parabrahmorgel (1908) in Eichwalde.
In: Ars Organi 45 (1997), Heft 4 [Dezember 1997], S. 195 bis 203. 
[Mitarbeit: Sven DIERKE, Stefan GRUSCHKA, Gregor KLINKE]. 
[Bei der sogenannten Parabrahmorgel handelt es sich um ein Kombinationsinstrument aus großem Harmonium und Orgel. Der Harmoniumteil ist dabei im Spieltisch eingebaut.]  

[5] Robert F. GELLERMAN ist Autor der folgenden Bücher, die zu den Standardwerken der Harmoniumfachliteratur zählen:
1) Robert F. GELLERMAN: The American Reed Organ and the Harmonium: A Treatise on its History, Restoration and Tuning, with descriptions of some outstanding Collections, including a Stop dictionary and a directory of Reed Organs.  Vestal NY: The Vestal Press, 1996; 2. Aufl. 1997. 
2) Robert F. GELLERMAN: Gellerman's international Reed Organ Atlas.  Vestal NY: The Vestal Press, 1985; 2. Aufl. 1998.  [Dieses Buch ist ein Nachschlagewerk zu Harmoniumherstellern und deren Harmoniummodellen.] 

Autor: Stefan Gruschka
Stefan.Gruschka(at)gmx.de

© Stefan Gruschka, 1998 

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